Es ist eine triviale Anschauung, wenn heute die Menschen glauben, aus ihren Phantasien heraus Märchen formen zu können. Die alten Märchen, die Ausdruck sind der alten geistigen Geheimnisse der Welt, sind so entstanden, daß die, welche sie für die Welt geformt haben, hinhorchten und lauschten bei denen, die ihnen die geistigen Geheimnisse erzählen konnten, so daß die Zusammenfügung, die Komposition gemäß den geistigen Geheimnissen ist. Deshalb können wir sagen:
Es lebt in ihnen der Geist der ganzen Menschheit, des Mikrokosmos und des Makrokosmos.
Rudolf Steiner, GA 124 – ZEHNTER VORTRAG Berlin, 10. Juni 1911
Nichts ist nützlicher und fruchtbarer im Unterricht, als wenn Sie dem Kinde zwischen dem 7. und 8. Lebensjahre etwas in Bildern geben, und später, vielleicht im 13., 14. Lebensjahre, wieder in irgendeiner Form darauf zurückkommen können. Gerade aus dem Grunde wird bei uns in der Waldorfschule versucht, die Kinder möglichst lange bei einer Lehrkraft zu lassen.
[…]
Denken wir uns nun, wir bringen einem sieben- oder achtjährigen Kinde eine Bilder enthaltende Erzählung. Das Kind braucht die Bilder nicht sogleich zu verstehen. Warum das ist, werde ich Ihnen nachher sagen. Es handelt sich nur darum, daß das Kind angemutet wird dadurch, daß der Erzieher die Sache, ich möchte sagen, in graziöser Form vorbringt.
Rudolf Steiner, GA – 311 VIERTER VORTRAG Torquay, 15.August 1924 – Die Kunst des Erziehens aus dem Erfassen der Menschenwesenheit
Ich habe ausgeführt, wie man versuchen soH, in schildernder, in Bilder darstellender Form in den Jahren zwischen dem Zahnwechsel und dem 9. und 10. Lebensjahre alles dasjenige an das Kind heran-zubringen, was die Seele des Kindes dann aufnehmen soll, so aufnehmen soll, daß das Aufgenommene dann in naturgemäßer Weise weiterwirkt, weiterwirken kann durch das ganze Leben. Es ist das natürlich nur dann möglich, wenn man nicht tote Vorstellungen und Empfindungen in dem Kinde wachruft, sondern solche Vorstellungen und Empfindungen, die leben.
Rudolf Steiner, GA – 311 VIERTER VORTRAG Torquay, 15.August 1924 – Die Kunst des Erziehens aus dem Erfassen der Menschenwesenheit
Es ist mir immer auch wiederum ein großer Schmerz, daß man schon das sechste Lebensjahr der Kinder als das schulpflichtige Alter einführt. Sie sollen eigentlich erst im siebenten Lebensjahre in die Schule geführt werden. Ich war immer wirklich ganz besonders befriedigt – Sie mögen mir das meinetwillen als barbarisch auslegen –, wenn in anthroposophischen Familien die Kinder mit acht Jahren wirklich noch nichts vom Schreiben verstanden haben und vom Lesen; denn dasjenige, was man nach den vorhandenen Kräften erst später bewältigen kann, ohne daß man sich die physische Organisation zerstört, das soll nicht in ein früheres Lebensalter hineingepfropft werden.
Rudolf Steiner GA 303 – SIEBENTER VORTRAG Dornach, 29. Dezember 1921 – Die gesunde Entwickelung des Menschwesens
Zu mir kam zum Beispiel einmal ein Elternpaar ganz trostlos und sagte: Unser Kind war immer ein braves Kind, jetzt hat es gestohlen! – Nun, hat es wirklich gestohlen? Na ja, es hat ja gestohlen, denn es hat einfach aus dem Schrank, wo seine Mutter das Geld immer liegen hat, Geld herausgenommen, hat Süßigkeiten gekauft, nicht einmal für sich selber immer verwendet, sondern sogar mit anderen Kindern geteilt. Ich sagte, das Kind hat gar nicht gestohlen. Es ist gar keine Rede davon, daß das Kind gestohlen hat! Das Kind hat jeden Tag gesehen, wie die Mutter zu diesem Schrank geht, dort Geld herausnimmt; von der Vorstellung des Stehlens ist nichts in dem Kinde vorhanden. Aber ein Nachahmer ist das Kind, und es macht dasselbe, was die Mutter macht. Es geht also auch an den Schrank und kauft etwas. Das hat gar noch nichts zu tun mit dem Begriff des Stehlens oder Nichtstehlens. Und will man vermeiden, daß das Kind das tut, so muß man sich eben in einer anderen Weise in seiner Umgebung verhalten.
Alles läuft darauf heraus, daß namentlich für die ersten zweieinhalb Lebensjahre das Kind so wird, wie wir selbst in seiner Umgebung sind.
Rudolf Steiner GA 303 – SIEBENTER VORTRAG Dornach, 29. Dezember 1921 – Die gesunde Entwickelung des Menschwesens
Phantasiebedürfnis, Wahrheitssinn, Verantwortlichkeitsgefiihl, das sind die drei Kräfte, die die Nerven der Pädagogik aind. Und wer Pädagogik in sich aufnehmen will, der schreibe sich vor diese Pädagogik als Motto:
- Durchdringe dich mit Phantasiefähigkeit,
- habe den Mut zur Wahrheit,
- schärfe dein Gefühl für seelische Verantwortlichkeit.
Rudolf Steiner – GA 293 Vierzehnter vortrag – Allgemeine Menschenkunde
Viel tiefer als man eben meint, liegen in der menschlichen Seele die Quellen, aus denen echte, wahre Märchendichtungen fließen, wie sie als etwas Zauberhaftes aus allen Jahrhunderten der Menschheitsentwickelung zu uns sprechen.
Rudolf Steiner GA 62 – 10. Marchendichtungen im lichte der geistesforschung Berlin, 6. Februar 1913 – Ergebnisse der Geistesforschung
was im Märchen zum Ausdruck kommt, wurzelt so tief in der Seele, daß der Mensch das erlebt, gleichgültig, ob er Kind im ersten Kindheitsalter ist, ob er Mensch in mittleren Jahren ist, oder ob er Greis geworden ist.
Rudolf Steiner GA 62 – 10. Marchendichtungen im lichte der geistesforschung Berlin, 6. Februar 1913 – Ergebnisse der Geistesforschung
Sehen Sie, der deutsche Dichter Jean Paul – so nannte er sich selber – sagte einmal: Der Mensch lernt in seinen drei ersten Lebensjahren mehr für das Leben als in seinen drei akademischen Jahren. – Das gilt durchaus. Das ist so.
GA 306 – ZWEITER VORTRAG Dornach, 16. April 1923
Vorträge über Erziehung – Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte
Dr. Steiner: Man kann es schon machen. – Märchen können auch erzählt werden. Es gibt sehr viele Märchen, die man den Sechsjähri gen nicht vorsetzen kann. Damit meine ich nicht das, was der Verein für Ethische Kultur ausmerzt, sondern weil es kompliziert ist. Die Kleinen würde ich noch nicht nacherzählen lassen. Wenn sie aber selbst etwas erzählen wollen, dann anhören. Das ist etwas, was man abwarten muß.
Conference on Monday, March 8, 1920, 3:30 p.m. Lectures on Education – GA 300a conferences with teachers
Märchen und Sagen sind wie ein guter Engel, der von Geburt an, von Heimat wegen dem Menschen mitgegeben wird auf seiner Lebenswanderung, damit er ihm ein vertraulicher Genosse durch diese ganze Lebenswanderung hindurch sei und ihm dadurch, daß er ihm diese Genossenschaft bietet, erst das Leben zu einem wahrhaft innerlich beseelten Märchen macht!!
Rudolf Steiner цитира Karl Julius Schröer, [Note: Schröer от своя страна цитира Wilhelm Grimm]
Rudolf Steiner, GA – 62 MARCHENDICHTUNGEN IM LICHTE DER GEISTESFORSCHUNG Berlin, 6. Februar 1913
Афанасьев А. Н. [Предисловие] к 1-му выпуску первого издания [Народных русских сказок]
Цель настоящего издания объяснить сходство сказок и легенд у различных народов, указать на ученое и поэтическое их значение и представить образцы русских народных сказок.
Мы не раз уже говорили о доисторическом сродстве преданий и поверий у всех народов индоевропейского племени. Такое сродство условливалось: во-первых, одинаковостью первоначальных впечатлений, возбужденных в человеке видимою природою, обожание которой легло в основу его нравственных и религиозных убеждений, в эпоху младенчества народов; во-вторых, единством древнейшего происхождения ныне столько разъединенных народов. Разделяясь от единого корня на отдельные ветви, они вынесли из прошлой своей жизни множество одинаковых преданий и доказательства своего изначального родства затаили в звуках родного слова.
При сравнении народных сказок мы пользовались следующими превосходными изданиями:
- a) Kinder und Hausmärchen, gesammelt durch die Brüder Grimm. Grosse Ausgabe. Göttingen, 1850, 2 части.
- b) Deutsche Sagen, herausgegeben von den Brüdern Grimm. Berlin, 1816.
- c) Norwegische Volksmärchen, gesammelt von P. Asbjörnsen und Sorgen Moe. Deutsch von Friederich Bresemann. Berlin, 1847, 2 части.
- d) Zeitschrift für Deutsche Mythologie und Sittenkunde herausgegeben von J. W. Wolf. Göttingen, 1853—1854; т. I (4 выпуска) и т. II (2 вып.).
- e) Der Pentamerone oder: Das Märchen aller Märchen von Giambattista Basile. Aus dem Neapolitanischen übertragen von Felix Liebrecht. Breslau, 1846, 2 тома.
- f) Walachische Märchen, herausgegeben von Arthur und Albert Schott. Stuttgart und Tübingen, 1845.
- g) Српске народне приповијетке, скупио их и на свијет издао Вук Стеф. Караджич. У Бечу, 1853.
- h) Два сборника, изданные г. Боричевским: Повести и предания народов славянского племени. СПБ, 1840 и Народные славянские рассказы. СПБ, 1844.
1 декабря 1854 г.
One of the reasons that the telling of fairy tales has fallen into such disrepute in the last fifty years or so, is that very few people know how or when to tell certain stories, what is appropriate to different ages and how the stories should be spoken.
Christine Natale
Нека си представим, че езикът е река, в която плуват нашите деца, и по-често да се вглеждаме в нейното качество, чистота и жизнена сила.
Книгата Рай на земята – Шарифа Опенхаймер
Children are made readers on the laps of their parents – Emilie Buchwald
Our highest endeavour must be to develop free human beings who are able of themselves to impart purpose and direction to their lives.
GA 307 Education 1923 – FOREWORD BY MARIE STEINER (1943)
…the true basis of the imagination is reality, and its perception is related to exactness of observation, it is necessary to prepare children to perceive the things in their environment exactly, in order to secure for them the material required by the imagination.
Further, the exercise of the intelligence, reasoning within sharply defined limits, and distinguishing one thing from another, prepares a cement for imaginative constructions; because these are the more beautiful the more closely they are united to a form, and the more logical they are in the association of individual images.
The fancy which exaggerates and invents coarsely does not put the child on the right road. Spontaneous Activity in Education, p. 254, Chap IX – Maria Montessori
Is this illusory imagination, based upon credulity, a thing we ought to „develop“ in children? We certainly have no wish to see it persist; in fact, where we are told that a child „no longer believes in fairy-tales,“ we rejoice. We say then: „He is no longer a baby.“ This is what should happen and we await it: the day will come when he will no longer believe these stories. But if this maturation takes place, we ought to ask ourselves: „What have we done to help it? What support did we offer to this frail mind to enable it to grow straight and strong?“
Spontaneous Activity in Education, p. 263, Chap IX – Maria Montessori